Stuhlinkontinenz
Definition
Unter einer Stuhlinkontinenz versteht man den unkontrollierten Verlust von Wind oder Stuhl.
Etwa 5 % der Bevölkerung sind von einer gelegentlichen oder regelmässigen Stuhlinkontinenz betroffen, in der Schweiz rund 350’000 Menschen, Frauen häufiger und schwerer als Männer. Geburten spielen eine ursächliche Rolle. Auch unsachgemäss durchgeführte oder wiederholte anale Operation oder neurologische Störungen (z. B. Multiple Sklerose, Diabetes) können zu einer Minderung der Kontinenz führen.
Mögliche Symptome
Bereits mit einer proktologischen Untersuchung lässt sich die Ursache einer Stuhlinkontinenz meist schon sehr verlässlich feststellen. In einigen Fällen können Zusatzuntersuchungen wie ein analer Ultraschall und die anale Druckmessung (Manometrie) sinnvoll sein.
Die Abklärung
Zur Abklärung einer Stuhlinkontinenz sind vor allem die körperliche bzw. die proktologische Untersuchung wichtig sowie die genaue Befragung der Umstände der Inkontinenzepisoden. Hier spielt vor allem die Frage nach Geburten und Operationen, aber auch nach Ernährungsgewohnheiten eine wichtige Rolle. Auch die Frage nach der Stuhlkonsistenz ist entscheidend. In seltenen Fällen sind apparative Untersuchungen (z.B. eine Ultraschalluntersuchung) zur Beurteilung der Schliessmuskeln notwendig.
Mögliche Therapien
Eine Stuhlinkontinenz ist in sehr vielen Fällen behandelbar. Wichtig sind eine genaue Abklärung der Inkontinenzursache sowie die Ausschöpfung nicht-operativer Therapien (Stuhlregulation, anale Physiotherapie).
Die Stuhlkonsistenz ist für die Kontinenz sehr wichtig. Flüssiger Stuhl kann viel schlechter zurückgehalten werden als geformter. Deshalb steht am Anfang der Therapie immer die Normalisierung der Stuhlkonsistenz, falls Durchfallepisoden vorliegen. Übermässiger Kaffee- und Alkoholgenuss, Fruchtsäfte, Milch bei Laktoseintoleranz sowie künstliche Süssstoffe sind nur einige Beispiele für deren Ursache. Ein Stuhltagebuch hilft dabei, den Zusammenhang zwischen Nahrungsmitteln und dünnem Stuhl und Stuhlverlust zu erkennen.
Physiotherapeutische Massnahmen (z. B. ein anales Biofeedback) können in bestimmten Fällen ebenfalls hilfreich dabei sein, eine Stuhlinkontinenz zu verbessern. Bei dieser Form des Beckenbodentrainings, die von spezialisierten Physiotherapeutinnen und -therapeuten angeboten wird, können selektiv Beckenbodenmuskeln trainiert und so deren Funktion verbessert werden.
Kann keine entscheidende Verbesserung der Stuhlinkontinenz durch eine konservative Therapie erreicht werden, sollte eine Operation in Betracht gezogen werden. Die Ursache der Inkontinenz, ihre Ausprägung und die Erwartungen der Patientin oder des Patienten müssen bei der Wahl berücksichtigt werden.
Schliessmuskelnaht
Liegt der Grund einer Inkontinenz in einem defekten Schliessmuskel (z. B. bedingt durch eine Geburt), so kann der geschädigte Muskel repariert, der vorhandene Defekt vernäht werden (sog. Sphinkter-Repair). Diese Operation sollte nur von erfahrenen Chirurginnen und Chirurgen durchgeführt werden.
Sakrale Nervenstimulation
Die Therapie der Stuhlinkontinenz wurde mit der Einführung der sakralen Nervenstimulation (SNS) revolutioniert. Bei dieser neueren Methode werden die für die Kontinenz wichtigen Beckenbodennerven stimuliert. Als Folge davon verbessert sich die Kontinenz bei etwa 80 % der Betroffenen – unabhängig von der Ursache der Stuhlinkontinenz.
Eine sakrale Nervenstimulation kann in lokaler Betäubung durchgeführt werden. Auch ist lediglich ein kurzstationärer Aufenthalt (in der Regel 1–2 Nächte) notwendig. Neben der sehr hohen Erfolgsrate und der geringen körperlichen Belastung durch diese Operation liegt ein weiterer Vorteil der sakralen Nervenstimulation in der sehr niedrigen Komplikationsrate.
Eine sakrale Nervenstimulation läuft in zwei Phasen ab: In der Testphase wird der Beckenbodennerv im Bereich des Steissbeins mit einer Nadel lokalisiert, dann wird eine feine Elektrode in der Nähe des Nervs platziert. Nach 2–3 Wochen wird der Therapieerfolg beurteilt. Ist eine deutliche Verbesserung eingetreten, so wird in der zweiten Phase eine kleine Batterie – ähnlich einem Herzschrittmacher – unter der Haut in der Gesässregion implantiert. In den allermeisten Fällen werden weder die Batterie noch die Stimulation als störend wahrgenommen.
Weitere Krankheitsbilder
Häufige Fragen
Wie wirkt die sakrale Nervenstimulation?
Zum einen nimmt die Empfindsamkeit des Enddarms durch die Stimulation der Beckenbodennerven zu, womit der Stuhlgang früher bemerkt wird. Zum anderen gibt es Hinweise darauf, dass die Stimulation zu einem verstärkten Schliessmuskeldruck führt. Zudem kann die Darmmotilität beeinflusst respektive normalisiert werden, weshalb diese Therapie auch bei schwerer Verstopfung angewendet werden kann.
Bin ich durch diese implantierte Batterie im Rahmen einer sakralen Nervenstimulation irgendwie eingeschränkt?
Nein, die Batterie ist kaum spürbar und lässt alle Aktivitäten zu.