Hämorrhoiden will keiner haben – trotzdem hat sie jeder. Wäre das nicht so, dann hätten wir allenfalls ein Problem. Denn Hämorrhoiden gehören zu unserem Enddarm. Sie helfen, den Darmausgang abzudichten – ähnlich einer Fotoblende legen sich die Hämorrhoiden aneinander und stellen so den Feinverschluss sicher – damit uns die Luft am Darmausgang nicht unkontrolliert abgeht. Deshalb können wir sagen: Zum Glück haben wir Hämorrhoiden! Doch wann sind Hämorrhoiden krankhaft und wann lohnt sich ein Gang zum Arzt?

Hämorrhoiden sind besser als ihr Ruf!

Hämorrhoiden sind natürliche Gefässpolster am Darmausgang. Neben den Schliessmuskeln sind sie ein Bestandteil des «Kontinenzorgans»: Sie helfen uns, Luft und flüssiges Darmsekret im Darm zu behalten. Doch warum haben die Hämorrhoiden einen so schlechten Ruf? Auf diese Frage gibt es zwei Antworten. Zum einen steht im Volksmund «Hämorrhoiden» für fast alle Symptome der Analregion. Die meisten Menschen glauben, dass ihre Symptome – seien es Schmerzen, Blutungen oder eine Schwellung – mit grosser Sicherheit durch Hämorrhoiden verursacht werden. Somit begnügen sich viele, in der Apotheke eine «Hämorrhoidensalbe» zu kaufen – und sind dann erstaunt, dass die Symptome mit solchen Salben nicht oder nur ungenügend verschwinden – weil es eben zahlreiche andere Ursachen für solche Beschwerden gibt (z.B. Analfissuren, Analfisteln, Ekzeme, Schleimhautvorfälle etc.). Auf der anderen Seite sind es tatsächlich viele Menschen, die im Laufe ihres Lebens Symptome entwickeln, die auf die Hämorrhoiden zurückgeführt werden können. Gemäss einer österreichischen Studie leiden 15% der Bevölkerung an Hämorrhoiden, wobei die Erkenntnisse aus einer kleinen Patientengruppe auf die Gesamtbevölkerung übertragen worden sind – genaue Zahlen bezüglich der Häufigkeit von Hämorrhoidalbeschwerden gibt es leider nicht. Erschwerend kommt dazu, das meistens nicht unterschieden wird, ob es sich um Beschwerden handelt, die wirklich von den «echten» inneren Hämorrhoiden ausgehen, oder aber von den Analvenen (die früher als «äussere» Hämorrhoiden bezeichnet wurden) oder von einer nach aussen vorfallenden Analschleimhaut (sog.  «Analprolaps»).

Blutung ist nicht gleich Blutung!

Wenn Hämorrhoiden nicht vergrössert sind, machen sie in der Regel keine Beschwerden.  Nur wenn sich diese vergrößern, können sie Probleme verursachen. Wenn Hämorrhoiden Beschwerden machen, ist die Blutung das am meisten genannte Symptom. Und eine anale Blutung erschreckt und verunsichert die meisten Patienten, da sie wissen, dass heimtückische Erkrankungen (z.B. Krebs) sich hinter Blutungen verstecken können. Doch wie erkennt man eine Hämorrhoidenblutung? Die Antwort auf diese Frage ist nicht einfach: Da es sich bei den Hämorrhoiden um spezielle Gefässkomplexe handelt, ist eine durch Hämorrhoiden bedingte Blutung in der Regel relativ ausgeprägt. Nicht selten werden solche Blutungen als «tropfend» bezeichnet – teilweise geben Patienten sogar an, dass sie das Blut «fliessen» hören. Typisch sind auch Blutauflagerungen auf dem Stuhl. Nicht typisch wäre eine Blutung, die nur am Toilettenpapier sichtbar ist. Eine solche Blutung tritt vor allem bei Hautproblemen auf (z.B. bei einem Ekzem) oder einem Schleimhautvorfall. Untypisch wäre auch, wenn die Blutungen mit Schmerzen einhergehen – oder das Blut nicht auf dem Stuhl aufgelagert ist, sondern mit dem Stuhl vermengt ist. Auch sehr dunkles Blut kann meist nicht auf ein Hämorrhoidenleiden zurückgeführt werden.  Da die Antwort auf die oben genannte Frage eben nicht eindeutig beantwortet werden kann, gilt: Jede Blutung, die über eine gewisse Zeit vorliegt (2-3 Wochen), muss abgeklärt werden! Dies gilt insbesondere bei Patienten, die das 50. Lebensjahr überschritten haben. Bei solchen Patienten sollten ernsthaftere Erkrankungen (z.B. Dickdarm- oder Analkrebs) ausgeschlossen werden!

Das Problem mit der Analhygiene

Viele Patienten kommen in meine Praxis und berichten von einer «schwierigen Analhygiene». Das Putzen ist nach dem «Geschäft» ist nicht mehr so einfach wie früher, es braucht immer mehr Zeit und Papier, bis sie sich von der Toilette wieder entfernen können. Auch hier vermuten die meisten Patienten, dass Hämorrhoiden schuld am ganzen Übel seien. In Wirklichkeit ist es aber so, dass die Hämorrhoiden dafür oft nicht verantwortlich gemacht werden können. Solche Beschwerden lassen sich meist auf vergrösserte Hautfalten (sog. «Marisken») oder auf einen Schleimhautvorfall zurückführen. Bei den Marisken vergrössert sich die Haut am Afterrand, wobei eigentliche «Lappen» entstehen. Die Ursache dafür ist meistens unklar.  Bei einem Schleimhautvorfall rutscht die Schleimhaut des Darmes nach aussen, sodass sie von aussen tastbar wird. Beide Veränderungen haben nichts mit den Hämorrhoidalgefässen zu tun! Bei gewissen Menschen aber ist es tatsächlich so, dass die Hämorrhoiden nach aussen treten – entweder ziehen sie sich von alleine wieder zurück oder sie werden mit dem Finger zurückgeschoben. Solche Ereignisse sind in der Regel unangenehm und nicht selten schmerzhaft.

Bei Problemen mit der Analhygiene lohnt es sich, zum Arzt zu gehen, um eine klare Diagnose zu erhalten – nicht selten sind die Therapien einfach bzw. das Problem ohne Operation lösbar!

Hämorrhoidentherapie aus der Apotheke? – Nur bedingt!

Die meisten Menschen gehen bei den ersten analen Symptomen in die Apotheke. Dort wird sehr oft eine «Hämorrhoidensalbe» empfohlen. Zwar lindern solche frei verkäuflichen Cremes und Salben oder Zäpfchen aus der Apotheke oft die Beschwerden, gegen die Hämorrhoiden an sich aber können sie jedoch nichts ausrichten. Denn solche Cremes und Salben sind meistens so konzipiert:  Man nehme eine Substanz, die die Haut und Schleimhaut betäubt und kombiniere sie mit einer anderen Substanz. Die «Wirkung» besteht also lediglich aus der Verringerung der Empfindung – denn den Nachweis, dass die zweite Substanz in irgendeiner Form die Hämorrhoiden oder die Schleimhaut positiv beeinflussen kann, bleiben die Hersteller solcher Produkte meistens schuldig. Die sinnvollere Basistherapie bei Hämorrhoidenbeschwerden besteht aus einer sog. «Stuhlregulation». Damit meint man, durch eine ballaststoffreiche Ernährung (d.h. eine Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten sowie einer rechlichen Flüssigkeitszufür) oder Pulver aus der Apotheke, die den Stuhl weich halten. Je weicher der Stuhlgang ist, desto weniger müssen wir pressen – und je weniger wir beim Stuhlgang pressen müssen, desto weniger werden die Hämorrhoiden mit Blut gefüllt. Auch wirken weniger Scherkräfte, was die Blutungen und das Hervortreten der Hämorrhoiden verringert. Wenn mit der Umstellung der Ernährung das Ziel eines weicheren Stuhlganges nicht erreicht werden kann, hilft dann allenfalls doch der Gang zur Apotheke – oder besser zum Arzt. Denn nur durch eine Untersuchung der Analregion kann die Ursache der Beschwerden festgestellt und ein Therapiekonzept erstellt werden!